Pressemitteilung: FDP im Weseler Kreistag: Fraktionschef schaltet auf Angriff
FDP-Fraktionschef Constantin Borges ist seit einem Jahr im Amt und Spitzenkandidat seiner Partei für die kommenden Kommunalwahlen.© FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser
Kreis Wesel. Constantin Borges ist seit einem Jahr im Amt und als FDP-Spitzenkandidat für die Kommunalwahl gesetzt. Seine Idee: ein eigener Landratskandidat.
Er ist das jüngste Mitglied im Weseler Kreistag und seit ziemlich genau einem Jahr Vorsitzender der FDP-Fraktion. Neben seiner Funktion als Fraktionschef tritt Constantin Borges auch als Spitzenkandidat seiner Partei bei den Kommunalwahlen 2025 an. Somit schlagen für das kommende Jahr gewissermaßen zwei Herzen in seiner Brust. Doch in beiden Funktionen geht Borges im Gespräch mit der Redaktion in die Offensive.
Das Wahlprogramm für die Kommunalwahl soll nach den Sommerferien erstellt werden. Und damit „werden wir unsere eigene Linie fahren müssen“, sagt Constantin Borges. Die Digitalisierung der Kreisverwaltung steht da ganz oben auf der Liste, die Reform geht der FDP viel zu langsam vonstatten, auf Kosten des Personaltableaus.
FDP im Kreis Wesel zweifelt an Kooperation und kritisiert den Landrat
„Wir müssen die Digitalisierung so gestalten, dass weniger Stellen notwendig sind.“ Zumal ein Großteil durch den Fachkräftemangel ohnehin nicht besetzt werden könnten, so Borges. Dass der Stellenplan im Kreishaushalt um weitere 200 Stellen aufgeblasen wird, ist der FDP ebenso ein Dorn im Auge wie der SPD. Genauso wie die ständig ansteigende Ausgleichsrücklage und die Zurückhaltung des Kreises, damit die Kommunen direkt zu entlasten.
Das liberale Potenzial im Kreis Wesel hält Constantin Borges auf jeden Fall für gegeben. 2020 gab dieses Potenzial 5,49 Prozent her, bei der nächsten Wahl „sind 8 Prozent realistisch“, sagt der FDP-Spitzenkandidat selbstbewusst. Er räumt aber auch Unwägbarkeiten, wie mögliche Kandidaturen von Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) oder der AfD, ein.
Dass er noch jung ist, erst im Kommunalwahljahr 2025 wird Constantin Borges 30 Jahre alt, sieht er eher als Stärke denn als Schwäche. So möchte er auch „das junge Potenzial im Kreis Wesel abbilden“. Was er damit meint? „Ich möchte eine diverse Liste haben.“ Und wenn es nach ihm geht, würde die FDP auch mit einem eigenen Landratskandidaten oder einer eigenen Kandidatin antreten. Das sei Sache der Parteigremien, so Borges, aber seiner Meinung nach müsse man „ein eigenes Angebot schaffen“, neben Landrat Ingo Brohl und SPD-Kandidat Peter Paic. Darum spricht er sich für eine eigene Landratskandidatur seiner Partei aus, stellt aber klar: „Ich kann das nicht sein.“
Grüne stellen wohl eher keinen Landratskandidaten auf
Dass die Grünen einen eigenen Kandidaten aufstellen, ist eher unwahrscheinlich. Zu eng ist die Kooperation mit der CDU im Kreistag, als dass das Bündnis/90 eine glaubwürdige Alternative zu CDU-Landrat Ingo Brohl präsentieren könnte. Der, so findet Borges, einige offene Flanken zeigt, zum Beispiel beim Stellenaufwuchs oder der schleppenden Entbürokratisierung. Für die Ausstellung von Schwerbehindertenausweisen benötige der Kreis mehr als ein Jahr, das sei nicht akzeptabel. „Ich habe nicht das Gefühl, dass irgendwas großartig vorangekommen ist“, sagt Borges.
An dieser Stelle schaltet er in den Fraktionschef-Modus. Eine Rolle, in die er sich erstmal einfinden musste, wie der junge Kommunalpolitiker bestätigt. Die vergangenen zwölf Monate habe er vor allem genutzt, „um mich einzugrooven“, sagt er im Gespräch mit der Redaktion. Eine eigene Linie finden, sich frei strampeln, das gehört ebenso dazu wie das Auflösen ungleicher Verbindungen.
Diese Themen möchte die FDP aufgreifen
Das knappe Jahr bis zur Kommunalwahl werde man nutzen und „konstant weiterarbeiten“, sagt FDP-Fraktionschef Constantin Borges. Die Radwege werde man in die Diskussion holen und „beim Berufsschulcampus Moers Druck machen“, ebenso bei den Förderschulen. Containerlösungen seien „für die Schwächsten in der Gesellschaft“ nicht geeignet. Das Freizeitzentrum Xanten und der Kiesabbau seien weitere wichtige Themen, so Borges, der auch eine weitere kritische Begleitung des Landrates ankündigt. So werde man darauf achte, dass die Kreisfeier zur 50-jährien Gebietsreform „nicht zu einer Wahlkampfveranstaltung verkommt“.
Die nach der Kommunalwahl 2020 eingegangene Jamaika-Kooperation mit CDU und Grünen wertet Constantin Borges diplomatisch als „nicht so einfach“. In der Vergangenheit sei kein Vorschlag, keine Idee der FDP-Fraktion aufgenommen worden, umgekehrt sei man vor vollendete Tatsachen gestellt anstatt einbezogen worden. Darum halte sich seine Begeisterung in Grenzen, so Borges. Offiziell bestehe die Kooperation weiter. Wobei es auch keine unterschriebene Kooperationsvereinbarung gebe. Aber: „Mir hat zumindest noch niemand gesagt, dass es sie nicht mehr gibt.“
Doch vor allem in den vergangenen Haushaltsberatungen hatten sich deutliche Abgrenzungserscheinungen zwischen Schwarz-Grün auf der einen und FDP auf der anderen Seite abgezeichnet. Die gipfelten im letzten Kreistag vor der Sommerpause darin, dass der entnervte CDU-Fraktionschef Frank Berger der SPD und FDP „Fundamentalopposition“ vorwarf. Eine Bemerkung, die Constantin Borges im Gespräch mit einem leisen Lächeln quittiert.
Von Philipp Orts